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Wie sind der Klimawandel, die Aquakultur, die Nahrungsmittelversorgung und die menschliche Gesundheit miteinander verknüpft? Laut dem Projektkoordinator von MASTER könnten sie alle von Mikrobiomen profitieren.
„Das große Projektziel ist ein globaler Ansatz zur Konzeption konkreter Produkte, Nahrungsmittel, Futtermittel, Dienstleistungen und Verfahren im Bereich Mikrobiom, mit denen die Quantität, Qualität und Sicherheit von Nahrungsmitteln erheblich angehoben werden könnte“, sagt Paul Cotter, Leiter Biowissenschaften und leitender Forschungsbeauftragter am irischen Teagasc Food Research Centre.
Cotter erklärt, dass das Mikrobiom die Gesamtheit aller Mikroorganismen in einer bestimmten Umgebung umfasst. Das Mikrobiom des Darms – einschließlich Bakterien, Archaeen, Pilzen und Viren – ist wichtig für die Verdauung der Nahrung, die wir zu uns nehmen, schützt uns vor Krankheiten und produziert die Vitamine, die für unsere Gesundheit förderlich sind.
Mikrobiome kommen aber auch entlang verschiedener Lebensmittelketten vor, von denen viele miteinander verbunden sind. Dazu gehören die Mikrobiome von Nutztieren und Nutzpflanzen, die Mikroorganismen in physischen Umgebungen wie Boden und Wasser und die Mikroorganismen, die direkt für die Fermentation von Brot, Alkohol und anderen Produkten verwendet werden.
„Wir können die Kraft dieser Mikrobiome durch neue Technologien und bahnbrechende Forschung ausnutzen. Das versetzt uns in die Lage, die Gesundheit und Resilienz von Fischen, Pflanzen, Böden, Tieren und Menschen zu fördern – und so einen revolutionären Wandel unserer Lebensmittelketten herbeizuführen“, fügt Cotter hinzu, der als Projektkoordinator fungierte.
Die Zucht eines besseren Rindes
Das Projekt MASTER wertete Mikrobiomdaten aus und entwarf Big-Data-Instrumente, um Zusammenhänge zwischen Mikrobiomen aufzudecken. So konnten wichtige Verbesserungen in der Lebensmittelkette bewirkt und die Umsetzung der EU-Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ unterstützt werden.
Durch eine dieser Verbesserungen können Rinderzuchtbetriebe Tiere züchten, die weniger Methan ausstoßen. In diesem Forschungszweig wurde die Rolle der Ernährung, der Wirtsgenetik, der Futterverwertung und des Mikrobioms im Pansen auf die Umweltbelastung von Rindern untersucht.
Im Laufe mehrerer Jahre sammelten die Forschenden Methandaten von über 1 500 Rindern und Verwertungsdaten zu mehr als 3 000 Futteraufnahmen. Mit diesen Daten wurde die erste Datenbank zu Zuchtbullen aufgestellt, die auf dem Methanausstoß ihrer Nachkommen beruht.
„Im Wesentlichen bedeutet dies, dass wir jetzt Rinder auf einen geringeren Methanausstoß hin selektieren können“, erklärt Stuart Kirwan, ein weiterer Forscher bei Teagasc.
„Es besteht auch die Möglichkeit, diesen Fortschritt mit anderen Entwicklungen des Projekts MASTER zu kombinieren, um den Methanausstoß in Zukunft weiter zu senken“, fügt Cotter hinzu.
Krankheitserreger aus der Aquakultur fernhalten
Die Arbeit des Projekts trug außerdem dazu bei, die Aquakultur nachhaltiger zu gestalten, indem eine Lösung zum schnellen Nachweis von Krankheitserregern bei Fischen gefunden wurde.
„In der Aquakultur, also der Aufzucht von Fischen oder anderen Wasserorganismen in großen Becken oder in abgegrenzten Arealen im Meer, könnten nachhaltig hochwertige Lebensmittel in großen Mengen erzeugt werden“, berichtet René Groben, Projektleiter für Mikrobiologie bei Matís, einem der 29 Projektpartner.
Eine der größten Herausforderungen für die Aquakultur stellen jedoch Krankheitserreger dar, die sich in dichten Populationen rasant ausbreiten. Im Rahmen des Projekts MASTER wurde ein Überwachungssystem erarbeitet, das den Betreibenden von Fischzuchtbetrieben schnelle und zuverlässige Daten über die Präsenz, den Schweregrad und die Art der vorhandenen Krankheitserreger darlegt und Hinweise dazu ausgibt, ob Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit des Fischbestands und der Verbrauchenden getroffen werden müssen.
Die Vorteile dieser Lösung sind laut Groben vielfältig. „Mit dem System können alle Mikroorganismen gemeinsam bestimmt werden. Es basiert auf einer Vielzahl von Proben aus der Aquakultur, darunter Wasserproben, Fischgewebe und Biofilter von Becken“, erklärt er. Diese Tests können auch vor Ort durchgeführt werden, sodass die Ergebnisse innerhalb von Stunden vorliegen. Das ist eine erhebliche Verbesserung gegenüber den Tagen oder Wochen, die für herkömmliche Testmethoden erforderlich sind.
Gesündere, nachhaltigere Nahrungsmittel erzeugen
Weitere Innovationen des Projekts sind neue Technologien zum Nachweis von Krankheitserregern im Boden, Technologien zur selektiven Anreicherung von bakterieller DNS aus Pflanzen sowie Strategien zur verbesserten Biokonservierung von Meeresfrüchten und Fleisch.
Außerdem wurde im Rahmen des Projekts ein Verfahren zur Kartierung von Mikrobiomen in der Lebensmittelindustrie validiert, mit dem Prozesse optimiert, Abfall verringert und die Lebensmittelqualität und -sicherheit verbessert werden können. Den Forschenden ist es sogar gelungen, die Zusammenhänge zwischen Nahrungsmitteln, Nährstoffen, Mikroorganismen und dem menschlichen Darm aufzuzeigen – und damit die Grundlage für Ernährungsempfehlungen zu schaffen, bei denen das Mikrobiom im Darm verändert wird, um gesundheitliche Vorteile zu erreichen.
Diese vielfältigen Ergebnisse werden zu gesünderen, nachhaltiger erzeugten Nahrungsmitteln beitragen, die ein höheres Maß an Qualität, Sicherheit und Haltbarkeit bieten. „Mit diesen Ergebnissen kann viel bewirkt werden, von einem besseren Verständnis der Mikrobiome, die mit Lebensmittelketten zusammenhängen, bis zur Bewältigung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen, darunter Lebensmittel- und Ernährungssicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden, Bewirtschaftung von Lebensmittelabfällen sowie Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutz“, so Cotter abschließend.