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Dem Papyrus-Rätsel auf der Spur

Das alte Ägypten hinterließ unzählige Papyri mit wertvollen schriftlichen Informationen, die bisher jedoch weitgehend unveröffentlicht und unerforscht sind. Das EU-finanzierte Projekt ELEPHANTINE hat eine große Datenbank und eine neue Software entwickelt, um das zu ändern. Damit könnte ein wesentlich besseres Verständnis einiger der faszinierendsten alten Zivilisationen der Welt möglich werden.

©ihorbondarenko #293001949, source: stock.adobe.com 2021

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Elephantine ist eine Insel im Nil in Oberägypten. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Lage an der Grenze zwischen dem alten Ägypten und Nubien nahm Elephantine einst als Verteidigungsposten und bei der Erleichterung des internationalen Handels eine wichtige Rolle ein. Und so war die Insel auch ein Ort, der eine Vielzahl von Ethnien, Religionen und Kulturen beheimatete. Viele von ihnen hinterließen einen Schatz an historisch bedeutsamen Manuskripten und Papyri (einem Schreibmaterial, das aus der in Ägypten wachsenden Papyrus-Pflanze gewonnen wurde).

„Keine andere Siedlung in Ägypten wurde über einen so langen Zeitraum so umfassend durch Texte belegt“, so Verena Lepper, Professorin vom Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz. „Ihre Menschen hinterließen uns gewaltige Mengen an Schriftquellen über ihren Alltag im Verlauf einer Zeitspanne, die vom Alten Reich bis nach der Eroberung durch die Araber reicht.“

Das Problem ist, dass diese Papyri und Manuskripte inzwischen über die ganze Welt verteilt sind und zu 80 % weder veröffentlicht noch erforscht wurden. Doch mit Unterstützung durch das EU-finanzierte und vom Europäischen Forschungsrat geförderte Projekt ELEPHANTINE arbeitet das Team um Lepper nun daran, das „Papyrus-Rätsel“ zu entschlüsseln.

„Durch die Analyse mehrerer tausend Schriftquellen streben wir an, 4 000 Jahre Kulturgeschichte zu rekonstruieren“, erklärt Lepper. „Dadurch werden wir mehr Aufschluss über diverse Aspekte erhalten, zum Beispiel, welche Rolle der Multikulturalismus in der Gesellschaft des Altertums spielte, wie das Familienleben ausgesehen hat und wie verschiedene Religionen entstanden sind.“

Ein Quantensprung in der Erforschung alter Zivilisationen

Da diese Papyri in zehn verschiedenen Sprachen und Schriften, darunter Hieroglyphen, hieratischer Schrift, Demotisch, Aramäisch, Griechisch, Koptisch und Arabisch, verfasst wurden, war ihre Analyse eine immense Aufgabe. Um sie zu bewältigen, erstellte das Projektteam zunächst eine große Datenbank mit 120 Feldern pro Objekt. Die Datenbank, die nach Projektende der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, umfasst derzeit mehr als 10 000 Objekte aus 60 Sammlungen in 24 verschiedenen Ländern innerhalb sowie außerhalb Europas.

Neben der Organisation dieser riesigen Datenmenge besteht außerdem noch die Herausforderung, den eigentlichen Text zu sichten. „Da diese Dokumente oft aufgerollt oder gefaltet und sehr porös sind, war es schwierig, den Text zu erschließen“, fügt Lepper hinzu.

In Zusammenarbeit mit Physiker/innen und Mathematiker/innen entwickelte das Projekt ein bahnbrechendes System, das eine Kombination aus Computertomografie und einer eigens entwickelten Software einsetzt, um die Papyri virtuell zu öffnen.

„Zum ersten Mal ist es uns damit möglich, ein auf Koptisch verfasstes Papyrus-Paket zu lesen, ohne es tatsächlich öffnen zu müssen“, merkt Lepper an. „Für unsere Erforschung alter Zivilisationen ist das ein Quantensprung, der das Risiko einer Beschädigung der Artefakte beseitigt und zugleich alle Informationen vollständig zugänglich macht.“

Unterstützung für andere Museen, Sammlungen und Archive

Obwohl die Arbeit fortgesetzt wird, hat das Projekt bereits in diversen internationalen Fachschriften Informationen über sein virtuelles Aufblätterungsverfahren veröffentlicht. „Unsere Hoffnung ist es, dass auch andere Museen, Sammlungen und Archive unsere Methoden in ihre Forschung und Arbeit einbinden können“, so Lepper.

Lepper hatte vor Kurzem Gelegenheit, 35 ungeöffnete Kisten mit Papyrusmaterial aus Elephantine zu untersuchen, die im Institut de France an der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres in Paris aufbewahrt sind. Diese bis dato unerforschten Dokumente, die bei den Ausgrabungen unter der Leitung des angesehenen französischen Archäologen Charles Clermont-Ganneau entdeckt wurden, sind nun ebenfalls in der Datenbank des Projektes erfasst.

Das Projektteam arbeitet derzeit außerdem an einer Ausstellung über die Projektergebnisse für das Neue Museum der Museumsinsel Berlin, das jährlich mehrere Hunderttausend Besucher anzieht.

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Einzelheiten zum Projekt

Kurztitel des Projekts
Elephantine
Projekt-Nr.
637692
Projektkoordinator: Deutschland
Projektteilnehmer:
Deutschland
Aufwand insgesamt
€ 1 500 000
EU-Beitrag
€ 1 500 000
Laufzeit
-

Siehe auch

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