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Die Weltbevölkerung wächst: Es ist davon auszugehen, dass sie 2050 die 10 Milliarden erreichen wird. Um so viele hungrige Menschen sicher satt zu bekommen, müssen die weltweit erzeugten Ernteerträge verdoppelt werden – und das in weniger als 30 Jahren.
Als ob das allein nicht schon entmutigend genug wäre, besteht auch noch das Problem der Nachhaltigkeit. Von den insgesamt 13 Milliarden Hektar Boden unseres Planeten stehen nur 38 % einer landwirtschaftlichen Nutzung zur Verfügung. Der Rest ist bewaldet, bebaut oder nicht für die Nahrungsmittelerzeugung geeignet. Deshalb wäre es extrem schwierig und außerdem jenseits von nachhaltig, die Ackerlandfläche zu vergrößern. Was wir stattdessen brauchen, sind effizientere, wirkungsvollere und produktivere Agrarmethoden.
„Wir müssen die vorhandenen Ressourcen besser ausnutzen, um auf den uns zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Nutzflächen mehr Nahrungsmittel erzeugen zu können“, sagt Tobias Erb, Direktor und Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, Marburg, Deutschland.
Genau an dieser Stelle setzt die Arbeit des EU-finanzierten Projekts FutureAgriculture an.
„Heute wachsen die Nutzpflanzen dank der natürlichen Photosynthese, eines Prozesses, bei dem Sonnenlicht absorbiert wird, um aus Kohlendioxid (CO2) und Wasser energiereiche organische Verbindungen zu gewinnen“, erklärt Erb, der auch offizieller Projektkoordinator ist. „Leider ist dieser Prozess nicht ausreichend effizient, um die Menge an Nahrung, die wir brauchen, auf nachhaltige Weise zu erzeugen.“
Um diese Lücke zu schließen, führt das Projekt FutureAgriculture eine europaweite Initiative an, welche die landwirtschaftlichen Erträge steigern soll, indem der natürliche Prozess der Photosynthese umgestaltet wird. „Unser Ziel ist, mithilfe der synthetischen Biologie die Effizienz der Photosynthese zu steigern, d. h. die Fähigkeit der Pflanzen zur effizienten CO2-Fixierung und damit zur Bildung von Biomasse zu verbessern“, fügt Erb hinzu.
Den Prozess der Photosynthese optimieren
Das Forschungsteam verfolgte einen mehrstufigen Ansatz, um in dieser Richtung voranzukommen. „Begonnen haben wir damit, die Grenzen der natürlichen Photosynthese zu analysieren“, erläutert Erb. „Dann haben wir anhand eines rechnergestützten Ansatzes systematisch nach neuen biologischen Lösungen gesucht, mit denen sich die Menge des bei der Photosynthese fixierten CO2 verbessern lässt.“
Im Labor hingegen entwickelte das Forschungsteam in der Natur neuartige Enzyme, die dann mit bereits existierenden Enzymen vereint wurden, um neue Stoffwechselwege zur verbesserten Kohlenstoffumwandlung zu schaffen. „Auf diese Weise konnten wir völlig neue Lösungen finden – und realisieren –, die selbst die Natur noch nicht erfunden hat“, betont Erb.
Die Forschenden gingen hier sogar noch einen Schritt weiter und es gelang ihnen nachzuweisen, dass diese Wege in lebenden Pflanzen hochaktiv sind. Zudem konnte das Projekt zeigen, dass diese Wege die photosynthetische Aktivität unter bestimmten Bedingungen verbessern.
„Dieses Projekt hat die Technologiereife synthetischer biologischer Lösungen deutlich vorangebracht“, hebt Erb hervor. „In nur fünf Jahren haben wir bewiesen, dass eine Verbesserung der Photosynthese unter Einsatz der synthetischen Biologie realisierbar ist.“
Bereit zum Gedeihen in der neuen Normalität
Nach Angaben von Erb wird FutureAgriculture wichtige Beiträge leisten, um die Gesellschaft dabei zu unterstützen, die Nahrungsmittelerzeugung an ihren steigenden Bedarf anzupassen. „Mit der natürlichen Photosynthese allein sind die durch den Klimawandel veränderten Anforderungen nicht zu bewältigen. Insbesondere betrifft das die höheren Temperaturen und schweren Dürren, die durch steigende CO2-Werte verursacht werden“, erläutert er.
Und auch wenn noch mehr Tests notwendig seien, zeigt sich Erb zudem zuversichtlich, dass die mit den synthetischen Wegen von FutureAgriculture ausgestatteten Pflanzen in der Lage sein werden, sich an diese neue Normalität anzupassen und in ihr zu gedeihen.
„Theoretisch sollte unser Design die photosynthetische Ausbeute um bis zu 30 % verbessern“, fasst er zusammen. „Es ist ein guter Beweis, was die Wissenschaft erreichen kann, wenn Europas beste Forscherinnen und Forscher zusammenarbeiten und von den hervorragenden Finanzierungsmechanismen der EU profitieren.“