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Über acht Millionen Menschen weltweit leiden an Parkinson, einer degenerativen Hirnerkrankung, welche die Motorik beeinträchtigt und oft zu weiteren körperlichen und geistigen Störungen führt.
Der Schlüssel zur Behandlung von Parkinson und ähnlichen neurologischen Erkrankungen könnte im Kopf liegen. Doch die Wissenschaft weiß erst überraschend wenig über die Hirndynamik bei alltägliche Bewegungen wie Gehen und Gleichgewichtsaufgaben.
Die Neurobildgebung muss nämlich meist unter statischen Bedingungen durchgeführt werden, wobei die Person in einem Körperscanner liegt und an Bewegung denkt. Dynamische Situationen wie Gehen und Laufen und die damit verbundenen komplexen Hirnmuster können damit jedoch nicht erfasst werden.
Dank der Fortschritte in der mobilen Gehirn-/Körperbildgebung (Mobile Brain/Body Imaging, MoBI) ändert sich das nun. „Bis vor kurzem war die kombinierte Untersuchung von Gehirn und Bewegung noch undenkbar“, erklärt Uroš Marušič, Forscher am slowenischen Labor für mobile Gehirn-/Körperbildgebung (SloMoBil). „Mit MoBI ist das möglich. Wir können nun gleichzeitig die Hirndynamik und biomechanische Parameter der menschlichen Bewegung überwachen.“
Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts TwinBrain nutzen Forschende aus Deutschland, Italien, Slowenien und der Schweiz diese Technologie, um die Hirnsignale beim Gehen, Laufen und anderen Formen körperlicher und geistiger Betätigung zu messen.
Aussagekräftige Erkenntnisse aus Daten
Das MoBI-System basiert auf Daten zu Hirnsignalen – und das nicht zu knapp. Schon ein fünfminütiger Spaziergang liefere Messdaten im erstaunlichen Umfang von einem Gigabyte, so Marušič. „Die Umwandlung dieses Datenreichtums in aussagekräftige Erkenntnisse verlangte den Einsatz von Supercomputern und verschiedenen Protokollen des maschinellen Lernens“, sagt er.
Da solche Technologien derzeit aber nicht auf dem Markt erhältlich sind, musste sich TwinBrain etwas einfallen lassen. „Was unser Experiment unter anderem so einzigartig macht, ist die Integration modernster Drahtlostechnologien“, ergänzt Marušič. „Durch die Kombination verschiedener Technologien konnten wir die Hirn- und Muskelaktivität synchronisieren und diese Bewegungen anhand von Echtzeit-Avataren replizieren.“
Mit diesem bahnbrechenden Ansatz lässt sich die Hirnaktivität der Untersuchten überwachen und verfolgen – und zwar nicht im Liegen beim bloßen Denken an Bewegung, sondern bei tatsächlicher Bewegung.
Die Untersuchung von Parkinson-Erkrankten im Frühstadium mit dem MoBI-System von TwinBrain brachte erstaunliche neue Erkenntnisse. Erste Ergebnisse deuten auf deutlich komplexere Aktivierungsmuster hin als bisher angenommen, wobei diese Muster bei anstrengenderen Bewegungsformen besonders ausgeprägt sind.
Informationen wie diese könnten eine frühere Diagnose von Parkinson ermöglichen. „Bei frühzeitiger Diagnose können proaktive Maßnahmen ergriffen werden, um das Fortschreiten aufzuhalten – Maßnahmen, welche die Lebensqualität der Betroffenen verbessern können.“
Es ist noch mehr zu tun
Das Projekt TwinBrain stellt den nächsten Schritt in der Hirnforschung dar. Doch um das komplexeste Organ des menschlichen Körpers besser zu verstehen, ist noch viel mehr Arbeit nötig. Deshalb arbeitet das Projekt derzeit gemeinsam mit Ausrüstern an der Optimierung der MoBI-Technologie. Einige Projektpartner beteiligen sich zudem an weiteren EU-finanzierten Initiativen mit dem Ziel, das Potenzial der MoBI-Technologien von TwinBrain zu maximieren.
„Diese Arbeit unterstreicht nicht nur die positiven Auswirkungen des Projekts, sondern auch unser Engagement, die MoBi-Technologie weiter voranzubringen.“ „Unser Ziel besteht letztlich darin, dass diese innovative Technologie zum festen Bestandteil im klinischen und neurologischen Alltag wird, der die Versorgung und Diagnose grundlegend verändern wird.“