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Ein Atlas des globalen Finanznetzwerks

Finanz- und Unternehmensdienstleistungen haben sich, auch dank mächtiger Interessengruppen, als sehr veränderungsresistent erwiesen. Das EU-finanzierte Projekt CityNet ist eines der größten Projekte, das ihre Einflussnahme und Reaktionen auf globale Ereignisse kartiert hat. Der resultierende Finanzatlas zeigt, wie, wo und wann sich Finanzdienstleistungen spürbar auswirken.

©Olivier Le Moal #390044761 source: stock.adobe.com 2023

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Beim Thema Finanzdienstleistungen geht es oft nur um Banken, Versicherungen und Investitionen. Doch zu „Finanz- und Unternehmensdienstleistungen“ zählen auch Immobilien, Rechnungswesen, Recht, Unternehmensberatung und mehr. Das EU-finanzierte Projekt CityNet hat die Evolution dieses dynamischen Sektors nachgezeichnet.

Trotz der Kurzlebigkeit der Finanzmärkte und der damit verbundenen Medienspekulationen liegt sein Kernmerkmal der Projektforschung zufolge in einer Mischung aus Veränderungsresistenz und langsamer Anpassung.

„Als wir 2016 begannen, stand den Finanz- und Unternehmensdienstleistungen durch die globale Finanzkrise und die Asien-Orientierung eine Umwälzung bevor. Die geographische Verteilung der Finanzmacht hat sich aber, teils aufgrund etablierter Interessen, kaum verändert“, sagt Dariusz Wójcik, CityNet-Projektkoordinator, vom Fachbereich Geografie und Umwelt an der Universität Oxford im Vereinigten Königreich, die das Projekt trägt.

Das globale Finanznetzwerk

Laut Wójcik umfasst die Weltwirtschaft vier interdependente Kernelemente: Finanz- und Unternehmensdienstleistungen, Regierungen, Finanzzentren und Offshore-Gebiete (z. B. Steuer- und Regulierungsoasen). CityNet konzeptualisierte diese kollektiv im theoretischen Rahmen der „Globalen Finanznetzwerke“.

„Die Folgen reichen über die Finanzwelt hinaus, daher basiert unsere Analyse auf Wirtschafts- und Politikwissenschaft, Soziologie, Geografie und Anthropologie“, so Wójcik.

CityNet kombinierte für seine Methode die Erfassung, Analyse und Kartierung globaler Fachdaten zu Finanztransaktionen und Städten (vorrangig von Dealogic und Oxford Economics) und mehr als 200 Interviews mit internationalen Fachleuten.

Kurz vor dem Projekt stimmte das Vereinigte Königreich für den EU-Austritt – eine einmalige Gelegenheit, ein weiteres wichtiges Ereignis mit weitreichenden Folgen zu erforschen.

„Es ist beachtlich, wie wenig Finanzmacht London seit 2016 eingebüßt hat. Von über einer halben Million Arbeitsplätzen im Sektor für Finanz- und Unternehmensdienstleistungen wurden nur einige Tausend gestrichen und der Londoner Finanzinstrumentenhandel ist Europa weiterhin dominierend“, sagt Wójcik.

CityNet stellte sogar ein starkes Wachstum von Finanz- und Unternehmensdienstleistungen seit 2008 fest – trotz Unkenrufen, dass neue Technologien massenhaft Arbeitsplätze im Sektor vernichten würden.

„In fast jedem Finanzzentrum stieg die Zahl der Stellen. In vielen Städten Asiens hat sie sich zwischen 2008 und 2022 mehr als verdoppelt“, so Wójcik weiter. „Hightech-Innovationen entpuppten sich nicht als Bedrohung, sondern als Vorteil, wobei jedes untersuchte Finanzzentrum von Buenos Aires bis Shenzhen danach strebte, zum FinTech-Zentrum zu werden.“

Kartierung des Finanzwesens

CityNet schuf den weltersten Finanzatlas, den die Yale University Press 2024 veröffentlichen wird.

Er umfasst Karten und Darstellungen der Geschichte und Geografie des Finanzwesens von seinen Anfängen vor über 5 000 Jahren in Mesopotamien bis zu modernen Entwicklungen wie FinTech. Er zeigt auch dessen Auswirkungen, u. a. anhand von Daten über zunehmende soziale Ungleichheiten.

„An dieser Mammutaufgabe waren wissenschaftliche Angestellte, ein Datenwissenschaftler, ein Designer und etwa 200 Freiwillige der Oxford University beteiligt“, merkt Wójcik an.

Der Atlas entmystifiziert die Finanzprozesse und ist dabei besser und breiter zugänglich als traditionelle Fachbücher oder Forschungsarbeiten.

„Der Atlas macht das sonst technische, abstrakte Thema Finanzen als Teil des täglichen Lebens greifbar. Die geografische und zeitliche Perspektive zeigt, wie, wo und wann das Finanzwesen zum Wohle von Mensch und Planet gewirkt hat und es wieder tun kann”, schließt Wójcik.

Finanzen mit Bodenhaftung

Im Hinblick darauf, wie Entscheidungstragende durch FABS ein angemessenes und stabiles Wachstum sichern können, sagt Wójcik: „Finanz- und Unternehmensdienstleistungen sind so eng mit der Weltwirtschaft verflochten, dass behördliche Auflagen wirkungslos sein dürften.“

Er spricht sich für alternative Finanzregelungen aus, die sich an den gesellschaftlichen Bedürfnissen ausrichten, wie z. B. die Staatsfonds, Entwicklungsbanken und grünen Banken vieler Länder.

Die Projektergebnisse wurden als Buch veröffentlicht: „International Financial Centres after the Global Financial Crisis and Brexit“. Sie ergänzen die Arbeit des Global Network on Financial Geography (FinGeo), einer Gruppe aus rund 1 000 Forschenden und Praktizierenden unter Wójciks Leitung, die sich der Räumlichkeit von Finanzen und ihren Auswirkungen widmet. In Zusammenarbeit mit der Regional Studies Association wird sie 2024 die neue Fachzeitschrift „Finance & Space“ herausbringen.

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Einzelheiten zum Projekt

Kurztitel des Projekts
CityNet
Projekt-Nr.
681337
Projektkoordinator: Vereinigtes Königreich
Projektteilnehmer:
Vereinigtes Königreich
Aufwand insgesamt
€ 1 929 306
EU-Beitrag
€ 1 929 306
Laufzeit
-

Siehe auch

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