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Research and Innovation

Eine Geschichte über den Darm, mikrobielle Fehlkommunikation und Krankheitsprävention

Viele mikroskopisch kleine Organismen des Mikrobioms leben in unserem Darm und dienen unserer Gesundheit. Doch eine Kommunikationsstörung mit dem Rest des Körpers kann diese stark beeinträchtigen. Das EU-finanzierte Projekt will die Ursachen dieser Fehlkommunikation verstehen, um neue Behandlungen gegen viele Krankheiten zu entwickeln, die der gesamten Bevölkerung zugutekommen.

©Rudzhan #412281878, source: stock.adobe.com 2021

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Unser Darm beherbergt eine der höchsten Dichten an Mikroben oder mikroskopisch kleinen Organismen, die auf der Erde zu finden sind. Diese Ansammlung von Mikroben wird als Mikrobiom bezeichnet. Es spielt eine bedeutende Rolle für unser Wohlbefinden, da es alles beeinflusst, vom Stoffwechsel über die Physiologie und Ernährung bis hin zu unserem Immunsystem. In der Tat kann jegliche Veränderung des Darmmikrobioms erhebliche Auswirkungen auf unseren allgemeinen Gesundheitszustand haben.

„Das Darmmikrobiom wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst und reguliert, darunter unsere genomische Zusammensetzung, die lokale Darmnische und die Ernährung“, erklärt Eran Elinav, Professor für Immunologie am Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel und Direktor der Abteilung Mikrobiom und Krebs am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). „Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine Störung des Darmmikrobioms zu Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Morbus Crohn und sogar Krebs führen kann.“

Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts META-BIOME, das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) unterstützt wird, soll die Arbeit von Elinav und seinem Laborteam zu einem besseren Verständnis dieser Störungen führen. „Unser Ziel ist es, herauszufinden, was unser Mikrobiom dazu veranlasst, mit dem Rest unseres Körpers nicht mehr richtig zu kommunizieren“, ergänzt er. „Auf diese Weise hoffen wir, neue, auf das Mikrobiom abzielende Behandlungen zu entwickeln, die das Mikrobiom besser regulieren und letztlich die Entwicklung chronischer Krankheiten verhindern könnten.“

Eine Frage der Fehlkommunikation

Im Mittelpunkt dieser Forschung steht ein Sensor, der bei der Regulierung der Zusammensetzung des Darmmikrobioms von großer Bedeutung ist: das NLRP6-Inflammasom. In früheren Forschungsarbeiten hat Elinavs Laborteam an Mäusen gezeigt, dass die Kommunikation zwischen dem Mikrobiom und dem Wirt bei Abwesenheit dieses Sensors unterbrochen wird. „Dieser Mangel an Kommunikation verändert die Zusammensetzung des Mikrobioms, beeinträchtigt seine Funktionsfähigkeit und führt zu einer Vielzahl von Krankheiten“, merkt Elinav an.

Im Rahmen des Projekts META-BIOME vertiefte das Forschungsteam diese Erkenntnisse, indem es die Ursachen für diese Fehlkommunikation untersuchte. „Wir entdeckten, dass Kommensalen – gute Bakterien, die wichtige Nährstoffe liefern – kleine Moleküle freisetzen, die vom NLRP6 erkannt und an den Wirt übertragen werden“, erläutert Elinav.

Der Wirt nutzt diese Informationen, um sicherzustellen, dass die Mikroben mit allem Nötigen versorgt werden, und um zu verhindern, dass andere Mikroben mit diesen wichtigen Kommensalen wetteifern. „Das Ergebnis ist ein gesunder, funktionstüchtiger Darm“, fügt Elinav hinzu. „Fehlt jedoch der NLRP6-Sensor, werden diese wichtigen Informationen nicht ordnungsgemäß weitergegeben, und genau hier beginnen die Probleme.“

Ein konzeptioneller Sprung

Diese Erkenntnis an sich war schon bahnbrechend, denn sie stellt eines der allerersten Beispiele für einen molekularen Mechanismus dar, anhand dessen erklärt werden kann, welche treibenden Kräfte eine Störung des Mikrobioms im Darm verursachen. Dennoch machten die Forschenden hier nicht Halt. Sie gingen noch einen Schritt weiter und fanden heraus, dass ein verändertes Mikrobiom nicht nur das Krankheitsrisiko der einzelnen Maus erhöht, sondern sogar auf Mäuse übertragen werden kann, die keinen Mangel an Sensoren aufweisen.

Um diese faszinierende, aber kaum erforschte phänotypische Übertragung zu demonstrieren, machten sich Elinav und sein Team die Tatsache zunutze, dass bei Mäusen in Gefangenschaft „Koprophagie“ beobachtet werden kann – also die Tendenz der Mäuse, gegenseitig ihre Fäkalien zu fressen. Diese Verhaltensweise ist dafür verantwortlich, dass das Mikrobiom und die Eigenschaften, durch die es reguliert wird, zwischen Mäusen übertragen wird. Elinav stellt fest, dass das Mikrobiom auch auf keimfreie Mäuse übertragen werden kann, bzw. auf Mäuse, die in speziellen sterilen Isolatoren untergebracht sind und in deren Umgebung kein Mikrobiom vorhanden ist.

Sobald das gestörte Mikrobiom übertragen wird, scheiden die Mikroben kleine Moleküle aus, die den NLRP6-Sensor im genetisch intakten Empfänger unterdrücken. Dies wiederum simuliert einen funktionellen Zustand des NLRP6-Mangels in ihrem neuen Wirt, der es dem defekten Mikrobiom ermöglicht, gesunde Kommensale zu supprimieren und so die Maus krankheitsanfälliger zu machen.

„Obwohl noch weitere Forschungsarbeiten erforderlich sind, deutet dieses Ergebnis darauf hin, dass an sich nicht übertragbare Krankheiten wie Adipositas und Diabetes doch über das Mikrobiom von Mensch zu Mensch übertragen werden können“, so Elinav.

Laut Elinav kommt diese Erkenntnis einem Schrittwechsel in unserem Verständnis der Biologie gleich. „Das META-BIOME-Projekt stellt einen konzeptionellen Sprung in unserem Verständnis der Wechselbeziehung zwischen dem Körper und unseren Mikroben dar“, so Elinav abschließend. „Wenn wir wissen, auf welche Weise diese Mikroben mit unserem Körper kommunizieren und welche Faktoren möglicherweise zu einem Zusammenbruch in der Kommunikation führen, dann können wir nun damit beginnen, das Spektrum der Krankheiten anzugehen, die durch ein angeschlagenes Mikrobiom verursacht werden.“

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Einzelheiten zum Projekt

Kurztitel des Projekts
META-BIOME
Projekt-Nr.
615265
Projektkoordinator: Israel
Projektteilnehmer:
Israel
Aufwand insgesamt
€ 2 000 000
EU-Beitrag
€ 2 000 000
Laufzeit
-

Siehe auch

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