PDF Basket
Seit Jahrtausenden werden geneigte Dächer mit Ziegeln gedeckt, um Häuser vor der Witterung zu schützen. Jetzt könnten sie ebenso dazu beitragen, uns vor dem Klimawandel zu schützen, indem sie den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien unterstützen.
Vorhandene Solartechnik wird in Form von Paneelen auf bestehenden Dächern installiert. Diese Konstruktion weist verschiedene potenzielle Schwachstellen auf: Die Befestigung kann den Dachstuhl beschädigen und im Laufe der Zeit strukturelle Schäden am Dach verursachen; die Anlage muss stark genug sein, um starken Winden standzuhalten; und im Zwischenraum zwischen den Paneelen und dem Dach können Witterungseinflüsse, z. B. durch das wiederholte Einfrieren und Auftauen von Schnee und Eis, Schäden sowohl an den Paneelen als auch am Dach selbst verursachen.
Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts TilePlus haben Forschende eine neue Generation Dachziegel konstruiert, in die die Photovoltaik-Technologie nahtlos integriert ist. Die Ziegel bieten alle schützenden Eigenschaften normaler Dachziegel und den Wohnparteien gleichzeitig eine Möglichkeit, ihre Energie direkt von der Sonne zu beziehen. Da die Solarpaneele die Energie dort erzeugen, wo sie verbraucht wird, sind zudem die Verluste beim Transport und bei der Übertragung der Energie geringer.
„So ist beides gewährleistet. Die bewährte Dachtechnologie, die Ihr Haus vor Witterungseinflüssen schützt, und eine wartungsarme Solarlösung“, erklärt Selma Kveim, leitende Angestellte beim Dachdeckerbetrieb Skarpnes und Projektkoordinatorin von TilePlus.
Mit leitfähigem Klebstoff umgehen
Da die neuen Photovoltaikdachziegel wie gewöhnliche Dachziegel funktionieren müssen, gibt es physikalische Grenzen für die Größe der Ziegel. Daher musste das TilePlus-Team die Art und Weise optimieren, wie die Paneele in diesem Bereich Strom erzeugen konnten.
Normale Photovoltaikzellen sind mit einem horizontalen Metallfaden umschlossen, der den Strom um das Paneel herum und durch das Kabel an der Rückseite nach außen leitet.
Eine neu gestaltete Zelle des Projektpartners Autarq, einem deutschen Unternehmen für Klimatechnologie, enthielt einen leitfähigen Klebstoff, der die für die Absorption von Sonnenstrahlen verfügbare Oberfläche vergrößert, wodurch die Spitzenenergieproduktion des Paneels um 15 % gesteigert wurde.
Europas Haushalte mit Solarstrom versorgen
In der EU gibt es über 200 Millionen Haushalte, von denen die meisten nicht mit Solarzellen ausgestattet sind. „All diese Dächer und Gebäude sollten so modernisiert werden, dass sie weniger Energie verbrauchen“, sagt Kveim. „Wir sollten diese Dachflächen nutzen, um Strom zu erzeugen, wodurch jeder Haushalt seine eigene Energie erzeugen kann“, fügt sie hinzu. Dies ist angesichts des Klimawandels und der steigenden Energiepreise in Europa besonders dringlich.
Die Technologie erschließen
Mit dem Projekt TilePlus wurden drei Hauptziele verfolgt. Das erste bestand darin, den Wirkungsgrad der Solarpaneele zur Stromerzeugung zu erhöhen. Das zweite bestand darin, die Maschinen zur Herstellung der neuen Laminate zu konstruieren und den Montageprozess zu verbessern. Und das dritte drehte sich um die Entwicklung der Wertschöpfungskette, einschließlich aller Ausbildungsverfahren für alle Beteiligten der Wertschöpfungskette.
Die Technologie wird derzeit in vier Pilotprojekten getestet. Die erste Installation wurde im Juli dieses Jahres als Nachrüstung einer Immobilie in Skien, Norwegen, durchgeführt. Weitere Tests finden in Lyngdal sowie in zwei Niedrigstenergiegebäuden in Bergen und Aalborg, Dänemark, statt.
Die Kapazitäten der Ziegel und das gesamte Nutzungserlebnis werden in den nächsten Jahren beobachtet. Außerdem wurde auf dem Dach eine Wetterstation angebracht, um die örtlichen Bedingungen zu überwachen.
Die TilePlus-Paneele werden voraussichtlich Mitte 2024 auf dem Markt erhältlich sein. „Geplant ist, Echtzeit-Produktionsdaten auf unserer Website zu veröffentlichen, um die Menschen über Solartechnik aufzuklären“, so Kveim. „Darin besteht jetzt unsere größte Aufgabe.“